Darstellung in der St.-Georgs-Kirche, Fürstenau

St. Georg Altarbild 1696, Kirchenvorsteher, Provisoren, Pastor Braunes beim Abendmahl samt Frauen

Wer die St. Georgs-Kirche in Fürstenau betritt, empfindet zunächst eine gewisse Nüchternheit. Die Wände ohne Schmuck in Weiß gehalten, bis auf ein kleines Lutherbild und ein Foto der Turmeinweihung keine Abbildungen an den Wänden. Der Blick fällt auf den Altar, dann auf zwei Epitaphe an der nördlichen Seitenwand. Der Altar sieht ein wenig unter die Decke gequetscht aus. Geht man näher, überrascht die Darstellung des Hauptbildes. Jesus am Kreuz, das ist nichts Besonderes. Wirklich bedeutsam sind aber die Abbildungen unter dem Kreuz und diese sind tatsächlich Abbildungen von Menschen, die real existiert haben. Wir schreiben das Jahr 1696. Auf der rechten Seite sind portraitiert der damalige Vikar, die Mitglieder des Kirchenvorstands und die Kirchenprovisoren. Auf der linken Seite, in der Kirchenordnung jener Zeit die Seite der Frauen, reicht Pastor Braunes den Frauen der rechts abgebildeten Männer und der Witwe seines Vorgängers Praetorius das Abendmahlsbrot. Auf dem real abgebildeten Altar steht ein Kelch und in diesen fließt das Blut aus der Seite und den Füßen Jesu – eine sehr sinnfällige Darstellung des Opfertodes Jesu bzw. seiner Abendmahlsworte.

Im oberen Altarbild sehen wir ein eine sehr bunte und fröhliche Darstellung des himmlischen Hochzeitsmahls. Oberhalb des Hochzeitstisches erkennt man einen Mann und eine Frau – die Aufnahme der Maria in den Himmel durch ihren Sohn, für eine evangelische Kirche eine überraschende Betonung der Maria.

Diese Überraschung wird noch größer, wenn man den Text des Epitaphs in der Mitte der nördlichen Kirchenwand liest. Es stellt die Verkündigung dar. Der Stifter, Domherr Otto von Langen, plädiert mit seinem Text in einem Wortspiel mit dem Namen EVA für eine besondere Anerkennung der Maria, die hier in Umkehrung des Namens Eva als AVE (vgl. Ave Maria) bezeichnet wird. Was Eva durch Ungehorsam verwirkt hat, lässt Gott durch den Glauben Marias an das Engelswort wiederherstellen. Der lateinische Text lautet übersetzt:

Name und Umkehrung, beides verkündet doch dasselbe.
Otto von Langen, dessen Geist ruhen möge. Amen.
Eva aber sollst du umdrehen, und Ave, mein Leser, wirst du haben.
Vernichtet hat nämlich Eva, was wiederherstellte Ave:
Wohlan, dieses Monument, obgleich angeheftet, will lehren,
dass mit immer dankbarem Geist zurückgibt Ave, was Gott selbst gebracht hat
von dem Munde Gabriels der Maria,
die bleibt jenes Tochter, Braut, Mutter:
Willst Du Dich also scheuen, diese zu verehren und immer Ave zu sagen,
wenn Du weißt, dass Gott sich nicht gescheut hat?
Wer sie verehrt, verehrt den Herrn Jesus als Sohn der Mutter,
denn die Ehre fließt über.

Die dreifache Bezeichnung der Maria als Tochter, Braut und Mutter Gottes kennzeichnet in besonders sinnfälliger Weise ihre Bedeutung. Als Tochter ist sie Geschöpf Gottes wie jeder Mensch. Als Braut von Gott erwählt ist sie die frei zustimmende Frau, die Mutter seines Sohnes wird. Die Darstellung im oberen Altarbild kann so als Bild des vollen Glaubens interpretiert werden: Maria ist bei Gott als Mutter und Tochter.